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Gefährliche Fracht: Giftige Schlangen per Paket verschickt

Zum dritten Mal innerhalb weniger Monate konnte im Paketzentrum eine Schachtel mit lebendem Inhalt aufgespürt werden. Ein dreister „Schlangenverkäufer“ hat in München Pakete mit teils tödlich giftigen Schlangen in Richtung Südeuropa auf die Reise geschickt.

08.12.2021, München - Schon seit einigen Monaten wird das Team der Reptilienauffangstation von einem bis dato einmaligen Fall in Atem gehalten. Denn bereits im Spätsommer begann ein bisher Unbekannter aus dem Großraum München, Giftschlangen per DHL quer durch Europa zu schicken. Aufgrund der brisanten Lage und weil die zuständigen Behörden fieberhaft versuchten auf die Spur des Versenders zu kommen, berichtet die Auffangstation für Reptilien heute zeitversetzt darüber.

Paket Nr. 1 - gefährlich

Im Spätsommer erreichte die Reptilienauffangstation ein Anruf eines Veterinäramtes. Im Paketzentrum eines großen Logistikunternehmens wurde eine Schlange in einem Paket entdeckt, das offensichtlich im Großraum München aufgegeben wurde. Auch weil die Spezies nicht bekannt war, wurde das Paket, dessen Empfänger in Südeuropa angegeben war, von der Auffangstation abgeholt.

Mitarbeiterin der Reptilienauffangstation öffnet den Karton mit den Giftschlangen

Dort wollte man kaum seinen Augen trauen: in dem nur notdürftig gesicherten Paket befand sich eine Greifschwanz-Lanzenotter. Diese Spezies ist nicht tödlich giftig für den Menschen. In Bayern und auch in andren Bundesländern ist die Haltung jedoch verboten, da die Tiere hochgiftig und mit einem Biss zumindest für einen Krankenhausaufenthalt gut sind.

Paket Nr. 2 - gefährlich

Nur wenige Tage später wurden im Paketzentrum wieder per Röntgenbild Schlangen in einem Paket entdeckt. Diesmal waren es zwei Bambusottern, die zwar ebenfalls nicht tödlich giftig sind, deren Biss jedoch enorm schmerzhaft ist und u.a. für starke Schwellungen, Blutungen, Nekrosen und eventuelle Spätfolgen sorgen kann. Auch dieses Mal waren die Tiere alles andere als sorgfältig verpackt - sie steckten in Kunststoffdöschen, die mit Klebeband umwickelt waren und in einem Karton steckten.

Paket Nr. 3 - lebensgefährlich

Nur wenige Tage später kam es erneut zu einem Fund im Paketverteilerzentrum. Als Dr. Baur, Leiter der Auffangstation, die Verpackung öffnete, wurde es kurz still, denn es kamen zwei Gabunvipern zum Vorschein. Diese Vipernart, die über die weltweit längsten Giftzähne verfügt und durchaus über angriffslustiges Potential verfügt, ist für den Menschen sehr oft tödlich. Selbst bei sofortiger und fachgerechter Behandlung besteht die Gefahr, dass betroffene Körperteile amputiert werden müssen, um das Leben des Gebissenen zu retten. Fassungslosigkeit machte sich breit.

Zwei durchsichtige Boxen mit den Gabunvipern

Gabunviper

Nicht Fahrlässigkeit, sondern Vorsatz ...

Nicht auszudenken, wenn beim Versenden dieser Tiere auch nur das Geringste schiefgelaufen wäre. Was, wenn das Paket auf dem Transportweg aufgeht; was, wenn der Bote beim Empfänger niemanden vorfindet und das Tier einfach ablegt; was, wenn jemand Unbeteiligtes wie ein Nachbar das Paket annimmt und irrtümlich öffnet... Fahrlässig? Nein, Vorsatz, ein absichtlicher Verstoß gegen Tierschutzrecht und alle Maßnahmen und Regeln der Gefahrenabwehr.

Dazu kommt: in Deutschland gelten strikte Vorgaben für das Versenden von Tieren. Tiere per Post zu versenden ist nicht nur tierschutzrechtlich höchst bedenklich und deswegen stark reglementiert, sondern stellt in diesem Fall auch eine erhebliche Gefährdung aller dar, die mit dem Paket umgehen.
Das ungesicherte Versenden von solchen Gifttieren kommt dem Verpacken und Verschicken einer ungesicherten Schusswaffe gleich!

Giftschlangen verboten!

In Bayern ist die Haltung von Giftschlangen verboten, nur wenige legale Halter existieren noch. Der Versender ist noch nicht bekannt, hält jedoch mit absoluter Sicherheit irgendwo illegal einige Tiere. Trotz Gesetz gibt es in Kellern und Wohnungen vermutlich zahllose illegal gehaltene Gifttiere in Bayern. Und keiner kann sagen, wo und wie diese Tiere gehalten werden. Tatsache ist: das Verbot hat diese Person nicht abschrecken können, diese Tiere zu halten, zu züchten und dann auch noch zu versenden.

Nur wenige Anlaufstellen für solche Fälle

Die Auffangstation für Reptilien in München ist eine der ganz wenigen Anlaufstellen in Europa für Behörden, die mit solchen Tieren konfrontiert werden und sie unterbringen müssen. Sie arbeitet mit sämtlichen Behörden eng zusammen, um so hoffentlich diese Haltung aufzudecken und zu beenden.

Die Auffangstation für Reptilien, München e.V. ist ein gemeinnütziger Verein, der 2001 gegründet wurde. Mit jährlich über 1.500 geretteten und weitervermittelten Tieren ist sie Deutschlands größte Auffangstation für exotische Haustiere.

Quelle: Auffangstation für Reptilien, München e.V.  - www.reptilienauffangstation.de/