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Ferkelkastration: Bayern will Tierqual verlängern

Die bayerische Landesregierung hat einen Antrag zur Änderung des Tierschutzgesetzes vorgelegt und will damit das Ende der betäubungslosen Ferkelkastration um fünf Jahre hinauszögern. Der Deutsche Tierschutzbund kritisiert den ihm vorliegenden Antrag als tierschutzwidrig. Käme der Antrag durch, würden etwa 100 Millionen Ferkel weiterhin unter Schmerzen betäubungslos kastriert.

24.08.2018 Mit der Ebermast, der Impfung gegen Ebergeruch und der Kastration unter Vollnarkose gibt es drei praxistaugliche und vor allem tierschutzgerechte Alternativen. Im Gegensatz dazu ist die Lokalanästhesie, der sogenannte „vierte Weg“ aus Tierschutzsicht eindeutig abzulehnen.

„Jetzt ist es amtlich: Bayern will die Tierqual verlängern, Söder lässt die Ferkel im Stich“, kommentiert Dr. Brigitte Rusche, Vizepräsidentin des Deutschen Tierschutzbundes. Und weiter: „Die Landwirte hatten mehrere Jahre Zeit, sich auf die Änderung einzustellen, und haben zudem noch Wahlfreiheit bei den Alternativmethoden. Sich nun darauf zu berufen, die Zeit für Umstellungen sei zu knapp gewesen, ist schlichtweg absurd.“

Ferkel im Stall

Trotz der verfügbaren Alternativen hofft die Branche auf die Zulassung eines sogenannten „vierten Weges“, der Kastration mit lokaler Betäubung. Mit Unterstützung Bayerns soll durch das Verschieben des Verbotsdatums Zeit gewonnen werden, um diese Methode umzusetzen. Aus Tierschutzsicht ist dieses Verfahren jedoch ausdrücklich abzulehnen. Die Methode verursacht zusätzlich Schmerzen und Stress und schaltet den Schmerz während der Kastration nicht ausreichend aus – das belegen verschiedene Studien und aktuellste Untersuchungsergebnisse. Die Branche hält dennoch an der Methode fest, da sie bei zulässiger Anwendung durch den Landwirt vermeintlich kostengünstig wäre.

Eine weitere Verlängerung einer rechtswidrigen Praxis ist wegen der vorhandenen Alternativen sowohl ein Verstoß gegen § 1 Satz 2 Tierschutzgesetz - niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen - als auch ein Verstoß gegen Art. 20 a GG, zu dessen Gewährleistungselementen auch der Schutz des Tieres vor vermeidbaren Leiden gehört.

Der Deutsche Tierschutzbund hofft nun, dass der Antrag Bayerns im Bundesrat keine Mehrheit findet. Dr. Brigitte Rusche dazu: „Wir appellieren an den Agrarausschuss: Jede Stimme für den Antrag aus Bayern ist eine Stimme gegen den Tierschutz in Deutschland. Es darf nicht sein, dass die Politik der Panikmache der Branche folgt und den Tierschutz darüber vergisst.“

Der Antrag zur Änderung des Tierschutzgesetzes wird voraussichtlich am 3. September im Agrarausschuss des Bundesrates beraten und am 21. September im Plenum zur Abstimmung gestellt. Danach bedarf es der Zustimmung des Bundestages.

Update am 4. September 18

Der Antrag aus Bayern, der das Verbot der Ferkelkastration ohne Betäubung ab 2019 für fünf Jahre hinauszögern will, hat heute im Agrarausschuss des Bundesrates keine Mehrheit erhalten.
Dazu kommentiert Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes:

„Das sind gute Nachrichten, die uns aus dem Agrarausschuss erreichen; eine wichtige Hürde ist genommen. Wir können jetzt nur an das Plenum des Bundesrates appellieren, sich in der Sitzung am 21. September ebenso zu entscheiden und für das bestehende Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration ab 2019 einzustehen. Es darf nicht sein, dass die Politik vor der Branche einknickt und die Ferkel fünf weitere Jahre leiden müssen, obwohl tierschutzgerechte Alternativen existieren und es ausreichend Zeit für eine Umstellung gab."

Quelle: Deutscher Tierschutzbund e.V.

 

Update am 2. Oktober 18

Dazu die Meldung aus der Internetseite der Tagesschau:
"Noch länger ohne Betäubung kastrieren
In Deutschland sollen Ferkel noch länger ohne Betäubung kastriert werden dürfen. Das hat die Koalition in der Nacht mitgeteilt. Ab 2019 ist dies verboten, aber die Regierung will noch einen Aufschub um zwei Jahre erreichen."
Den ganzen Artikel lesen Sie unter www.tagesschau.de/inland/ferkel-kastration-101.html