Seit dem 28. Januar 2022 ist das neue Tierarzneimittelgesetz in Kraft. Nicht nur für den Tierarzt und den Tierheilpraktiker wird sich einiges ändern, sondern auch der Tierbesitzer läuft Gefahr, ganz schnell eine Ordnungswidrigkeit zu begehen.
Das EU-Tierarzneimittelrecht wurde neu geordnet. Begleitet wird die EU-Verordnung jetzt vom neuen Tierarzneimittelgesetz (TAMG), welches auf nationaler Ebene die Inhalte regelt und im Oktober 2021 vom Bundestag beschlossen wurde.
Apothekenpflichtige und frei verkäufliche Humanarzneimittel (z. B. homöopathische oder phytotherapeutische Mittel) dürfen Sie zukünftig, ohne eine tierärztliche Verordnung, nicht mehr Ihrem Tier verabreichen.
Haben Sie also u.U. das homöopathische Produkt Nux Vomica gemeinsam mit Ihrem Hund gegen eine gelegentliche Übelkeit eingenommen, so wird das jetzt eine Ordnungswidrigkeit. Sie müssen für Ihren Hund, Ihre Katze oder Ihr Zwergkaninchen nun ausschließlich ad us. vet.-Produkte kaufen. Die Abkürzung leitet sich aus dem lateinischen ad usum veterinarium (= zum Gebrauch am Tier) ab.
Für die schnelle Behandlung nach einem Bienenstich brauchen Sie demnach jetzt zwei Röhrchen mit Apis in Ihrer Handtasche oder Sie nehmen ebenfalls das ad us. vet.-Produkt. Mir ist nicht bekannt, dass die Benutzung für Menschen geregelt und damit verboten wäre.
Tierschutzverbände waren u.a. die treibenden Kräfte, welche den Gesetzgeber zum Erlass dieser Verordnung gebracht haben. Tierbesitzer und/oder Laien sollten davon abgehalten werden, ihren Tieren Humanarzneimittel, wie etwa Ibuprofen oder Paracetamol zu geben, was fatale Folgen haben kann. Aber nun mal im Ernst? Wird das mit diesem Gesetz erreicht?
Wird Alternativmedizin zur First-Line-Medicine?
Die gute Nachricht: Homöopathie und Phytotherapie steigen mit diesem Gesetz zur First-Line-Medicine auf. Wurde von wissenschaftlicher Seite jahrzehntelang die Nichtwirksamkeit gepredigt, wird heute der Ruf nach besserer Ausbildung der Tierärzte, z. B. in der Homöopathie, laut.
Den auf Homöopathie spezialisierten Tierheilpraktiker trifft es hart, denn sehr viele homöopathische Mittel gibt es noch gar nicht als ad us. vet-Produkte. Für diese Therapeuten kommt dieses Gesetz derzeit einem Berufsverbot gleich. Sie müssen sich neu orientieren.
Die jahrhundertealte Blutegeltherapie
Die Anwendung von medizinischen Blutegeln an Tieren, wird mit diesem Gesetz ebenfalls verboten. Dabei handelt es sich auch hier um eine jahrhundertalte, bewährte Therapiemethode. Ob Blutergüsse, akute oder chronische Entzündungen, Gelenkschmerzen, schlecht heilende Wunden, Hufrehe beim Pferd und vieles mehr, kann man damit lindern oder sogar heilen.
Natürlich braucht es dazu einiges an Wissen. Aber das haben die Tierheilpraktiker doch auch. Es gab unzählige Seminare und bildungswillige Therapeuten, die nun das entsprechende Wissen und Können haben.
Die Vorbereitung dieses Verbots erfolgte seit Jahren. Konnte man vor ca. 10 Jahren noch direkt beim Blutegel-Züchter einkaufen und die Blutegel bei sich oder seinem Tier anwenden, wurden diese dann plötzlich zu einer apothekenpflichtigen Human-Medizin. Man konnte sie aber weiterhin in der Apotheke bestellen und dann zur Therapie einsetzen.
Sie erinnern sich: Für die Anwendung beim Tier ist es ab 28.01.2022 verboten, apothekenpflichtige und frei verkäufliche Humanarzneimittel zu verwenden. Da es noch keine Zulassung von Blutegeln für die Behandlung bei Tieren gibt, also noch keine Hirudo medicinalis ad us. vet, ist das nun verboten.
Den Laien, der sich in der Apotheke den Egel holt und ihn nicht an sich, sondern an seiner Katze anlegt (unter 5 kg kann eine Behandlung tödlich sein), wird auch dieses Gesetz nicht stoppen.
Der Umsatz von Tierarzneimitteln (ohne Alternativmedizin) betrug im Jahr 2020 nur für Deutschland 878 Millionen Euro, Tendenz steigend (Quelle: Website, Bundesverband für Tiergesundheit e.V.). Wenn die Tierärzte nun die Lücke der Alternativmedizin füllen, könnte das ein guter Wachstumsfaktor für sie werden.
ABER: Die Tierärzte sind schon überlastet. Passende homöopathische Mittel sorgsam zu repertorisieren (herauszufinden), kostet unheimlich viel Zeit. Auch eine Anwendung von Blutegeln ist nicht unter einer Stunde getan.
Ich hoffe daher, Tierheilpraktiker und Tierärzte rücken enger zusammen und arbeiten miteinander, nicht gegeneinander.
Das Tierportal München bietet Ihnen gern eine Plattform, wo Sie sich und Ihre Dienstleistung vorstellen und Kooperationen finden können.
Heidi Herrmann